Die Schutzmantelkapelle

Auszug aus „Schicksalsjahre eines Grabfeld-Dorfes“

Von Leo W. Hamm, 1998

  Nahe des Fußweges von Merkershausen nach Bad Königshofen steht die Schutzmantelkapelle. Ehedem führte der sogenannte Seeles-Pfad direkt an dem Kirchlein vorbei. Im davorliegenden Wiesengrund befand sich ein kleiner See, der vom Sommersbach durchflossen wurde. Bei zwei Ereignissen der Ortsgeschichte von Merkershausen, denen während des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) und im sogenannten Deutschen Bruderkrieg (1866) spielt die Kapelle eine Rolle.

 Im Herbst 1631 näherte sich der schwedische König Gustav Adolf, der eben den kaiserlichen Generalissimus Tilly besiegt hatte, von Thüringen her dem Grabfelde. Sein Heer in Stärke von 30.000 Mann zog in einem langen Heereswurm heran. Schreckensbotschaften eilten ihm voraus. Am 8. Oktober 1631 stellte sich die eilend zusammengerufenen Ausschüsser (eine Art Volkssturm) aus den Amtsdörfern in Stärke von etwa 500 Mann beim alten Spitale an der Althäuser Straße entgegen. Eine Aufforderung zur Aufgabe des Widerstandes lehnten sie ab und eröffneten nun das Feuer, nicht ohne Erfolg. Darauf griffen die sich inzwischen verstärkten Schweden mit Ungestüm an, hieben die Aussschüsser nieder, die wohl nun ihre Waffen z. T. wegwarfen und in alle Himmelsrichtungen flohen.

 Gleichzeitig durchstreiften zur weiteren Rekognoszierung Reitertrupps das Vorgelände. Als solche auf Merkershausen zugaloppierten, schlossen die Bewohner die Tore, zogen sich eilends in den Kirchhof zurück und wehrten sich mit dem Mute der Verzweiflung. Sie hatten tags zuvor das Gemetzel verfolgen können, etliche Männer mögen ins Dorf zurückgefunden und das Schreckliche berichtet haben. Es wurde geschossen, die Schweden riskierten jedoch nichts, plünderten die verlassenen Häuser und zündeten dann das Dorf an allen vier Ecken an. Auf die dem Qualm entfliehenden Menschen wurde Jagd gemacht, wer kein Versteck im Gestrüpp finden konnte wurde niedergemacht. Die weithin sichtbare Brandfackel war ein furchtbares Einschüchterungs-Exempel. Die von würzburgischen Truppen weitgehend entblößte Festung Königshofen ergab sich.

 Der Wiederaufbau ging langsam vor sich, zu groß waren die Menschenverluste gewesen. Das Dorf musste neu aufgebaut werden, auf Weisung der Obrigkeit mit geraden Straßen, die wüst gewordene Flur war wieder urbar zu machen, die Verwaltung neu zu ordnen – und die alten Schulden waren nicht erlassen worden und mussten auf Heller und Pfennig bezahlt werden. Die Kirche musste, so gut es ging, in einem würdigen Zustand versetzt werden. Das alles war eine immense Aufgabe!

  Die Sage im GroßformatDie Schrecken des Krieges standen lebhaft vor Augen – und blieben es. Das, was die Sage von den Mädchen erzählt, die sich im Untergebüsch des kleinen See versteckt hatten und so dem Gemetzel entgingen, mag durchaus realistisch sein. Wohl im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts wurde die jetzt in der Kapelle befindliche Bildsäule einer Schutzmantel-Madonna errichtet. Es ist dies eine schlichte, aber eindrucksvolle bäuerliche Arbeit, die in keiner Fachabhandlung genannt wird, aber doch in aller Einfachheit das Anliegen eines ganzen Dorfes ausdrückt. In dem ausgebreiteten Mantel bergen sich die Schutz suchenden Menschenkinder. So mancher Gläubige mag schon hierher gegangen sein, Einkehr gehalten und vor dem Standbild sein Herz erleichtert haben.

 Im Frühsommer 1866 hatten sich die Spannungen zwischen Österreich und Preußen um die Vorherrschaft in Deutschland soweit zugespitzt, dass es zum sogenannten Bruderkrieg kam, bei dem sich Bayern auf die Seite Österreichs stellte.

Das bayerische Heer in Stärke von 4 Divisionen (30.000 Mann) rückte nun in den Raum zwischen Rhön und Frankenschwelle, um den Gegner den Zugang zum Königsreich zu verwehren. Die Hauptmacht nahm Stellung im Grabfeld, das Hauptquartier befand sich in Trappstadt. Damit lagerten mehr Soldaten als Einwohner hier lebten.

 Da das bayerische Heer nicht auf einen innerdeutschen Krieg vorbereitet war, musste zunächst die Bevölkerung zur Versorgung der Truppen mitherangezogen werden; Gespanne der Bauern mussten aushelfen, Menschen mussten verpflegt, Pferde gefüttert werden, die Einheiten mussten Lager beziehen. Kuriere ritten durch die Lande, Geschütze und Gerät waren aufgefahren. Es muß eine Unruhe großen Ausmaßes geherrscht haben. Da die Bevölkerung die Lage nicht kannte, das Kriegsgreuel des Großen Krieges nicht vergessen waren, packte man in Merkershausen vorsorglich Leiterwagen mit dem Nötigsten, um beim eventuellen Ausbruch der Feindseligkeiten in die Hassberge zu fliehen. Die Gemeinde versprach dazu in einem Gelübde, wenn sie erschont bliebe, wolle man über die Schutzmantelsäule eine Kapelle bauen. Ende Juni 1866 rückte die Armee nach Norden ab. Das Grabfeld blieb verschont. Das Versprechen war nicht vergessen.

 Im Gemeindeprotokollbuch ist unter dem 13. Januar 1867 folgender Eintrag enthalten: „Der bey dem im Jahre 1866 begonnene Krieg ... in unserem Bezirk einzufallen drohte, so machte die Gemeinde Merkershausen das Gelübde, wenn sie ... verschont bleiben sollte, eine Kapelle über die sogenannte Schutzmantel, eine Statue, welche Maria, die heilige Schutzpatronin der Christen darstellt, mit hoher Genehmigung zu erbauen.“

 Zwar verzögerte sich der Bau der Kapelle, da bereits 1870/71 der Deutsch-Französische Krieg stattfand, doch 1872 war es dann soweit. Plan und Kostenvoranschlag in Höhe von 2787 fl und 53 kr stammten von dem Königshöfer Maurermeister Schunk, der benötigten Bauplatz war von den Ortsbewohnern Eusebius Wiener, Eustach Dömling, Johann und Karolina Rost bereitwillig und kostenlos abgetreten worden.

 Nach dem 1. Weltkrieg (1922) wurde die Schutzmantelkapelle neu hergerichtet und zu einer Kriegergedächtniskapelle ausgestaltet. Die zugefügten Wandbilder schuf der Würzburger Maler Eulogius Böhler. 

An den beiden Seitenwänden vier Medaillons (Abschied, Verwundung, Tod und Heimkehr) 

 

und an der Decke das Dorf, diesmal unter dem Schutze der schmerzhaften Muttergottes.

Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Gemälde ergänzt mit den Namen der Gefallenen und Vermissten und die Außenanlage angelegt.   

(Zum Betrachten der Gefallenen- und Vermisstentafeln bitte auf das Bild klicken) 

 Als Schmuckstück grüßt sie nun den Wanderer und lädt ihn ein, besinnliche Einkehr zu halten, als Gotteshaus empfiehlt sie sich zu Andachten und Gebetsstunden. 

 

Möge das Vertrauen auf Maria das Dorf weitertragen in die Zukunft!

Die Sage von der Entstehung der Kapelle

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Gefallene und Vermisste (linke Seite)

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Gefallene und Vermisste (rechte Seite)

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Stand: 23. März 2004